Südhessen Morgen vom 21. September 2018

Von Uwe Rauschelbach (urs)

Lampertheim.Die Aussichten, bei der Planung einer neuen Schnellbahntrasse ein entscheidendes Wort mitreden zu können, werden von der Lampertheimer Bürgerinitiative „Lebensraum vor ICE-Trasse“ (Bila) inzwischen äußerst nüchtern bewertet. Ihren Einsatz für eine menschen- und naturverträgliche Trassenführung wollen sie dennoch wieder verstärken. Denn allmählich, so nehmen es die Bila-Vorstandsmitglieder wahr, tritt die Planung in ihre entscheidende Phase.

Ihre skeptische Bewertung der Vorgehensweise durch die Bahn haben die Bila-Vertreter Anfang dieser Woche gewonnen. Nach dem Erörterungstermin in Mannheim, bei dem es um die Wiederherstellung der ursprünglich zweigleisigen östlichen Riedbahn ging (wir berichteten im Mannheimer Lokalteil), hatte Bila-Vorstandsmitglied Karlheinz Barchfeld gar eine „Brutalität der Vorgehensweise“ aufseiten der Bahn festgestellt. Dies lasse für eine Verhinderung der waldzerschneidenden C-Trasse nichts Gutes ahnen, schloss Barchfeld bezüglich der Variantenentscheidung auf Lampertheimer Territorium.

Oberirdische Variante

Auch Bila-Vorstandsmitglied Karl Hans Geil unterstrich: „Die Bewertung der Trassenvarianten durch die Bahn erfolgt rein quantitativ.“ Bila-Vorstandsmitglied Ulrich Guldner geht deshalb davon aus: „Die Bahn wird eine oberirdische Variante vorstellen.“ Im Alten Rathaus berichteten die Bila-Vertreter von ihren Eindrücken, die sie beim Mannheimer Erörterungstermin gewonnen hatten. Dabei informierten sie auch über die Bildung eines ICE-Forums Südhessen, in dem sich die Landräte der Kreise Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und des Odenwaldkreises sowie der Bürgermeister von Gernsheim einhellig auf Forderungen verständigt haben, die sie gegenüber der Bahn erheben wollen.

So bestehe das Forum neben einem optimalen Lärmschutzkonzept auf dem Neubau nicht nur von zwei, sondern von insgesamt vier Gleisen, um die Bestandsstrecken vom zunehmenden Güterverkehr zu entlasten. Außerdem fordern sie die Bildung eines Projektbeirats, um ihre Anliegen „auf Augenhöhe“ mit den Bahnvertretern zu verhandeln. Noch aber habe die Bahn die Einberufung weiterer Beteiligungsforen vertagt, um etwa die Ergebnisse der Studie zum Mannheimer Knoten abzuwarten. Sobald diese vorliegen, befürchtet Bila-Sprecher Guldner, werde die Bahn „ganz schnell“ ihre Pläne „auf den Tisch legen“. Vorstandsmitglied Geil vermutet hinter dieser Vorgehensweise gar eine „gewisse Taktik“ mit dem Ziel, das zu erwartende politische Vakuum nach den hessischen Landtagswahlen für irreversible Entscheidungen zu nutzen und Fakten zu schaffen.

Verringertes Klagerisiko

Im Gespräch mit den CDU-Politikern Alexander Bauer und Michael Meister, die die Region im Landtag beziehungsweise im Bundestag repräsentieren, wurden die Bila-Vertreter auf die Notwendigkeit verwiesen, einen über den Kreis Bergstraße reichenden regionalen Konsens zu schmieden. Nur unter diesen Umständen werde sich die Bahn auf Forderungen einlassen, hätte sie in diesem Fall doch mit einem verringerten Klagerisiko zu rechnen. „Alle müssen mitziehen“, meint Bila-Sprecher Ulrich Guldner, „nur dann haben wir eine Chance“.

Um die Lampertheimer Interessen in Bezug auf die Trassenplanung der Bahn wirkungsvoll zu artikulieren, plant die Bürgerinitiative unter anderem eine spektakuläre Aktion: einen Fackelzug durch den Lampertheimer Wald auf jener Schneise, die von der Bahn als mögliche Trassenvariante geprüft und von der Bevölkerung im Kreis abgelehnt wird.

© Südhessen Morgen, Freitag, 21.09.2018