Eine Stellungnahme von Karl Hans Geil auf Grund vieler Rückfragen und Bitten um Information.

Im letzten Beteiligungsforum wurde der Trassenvergleich und die sich daraus ableitende Vorzugsvariante der Bahn zwischen Lorsch und Waldhof vorgestellt. Das Ergebnis ist bekannt, ein 10,2 km langer Tunnel in offener Bauweise vom Lampertheimer Gscheid bis zur Einfädelung in die Riedbahn bei Waldhof.

Was heißt Tunnel in offener Bauweise: Es wird in kurzen Abschnitten ein Trog ausgehoben, an den Seiten werden Spundwände gestellt und Betonwände gegossen. Der Boden wird betoniert, eine Decke darüber gegossen und Gleise verlegt. So entsteht ein Tunnel in offener Bauweise. Ein Teil des Aushubs beim nächsten Abschnitt kann dann zum Verfüllen des vorherigen genutzt werden. Dieser Tunnel soll 4-5 Meter mit Erde überschüttet werden. Dadurch wird die unzerschnittene Ackerfläche wiederhergestellt und der Wald soll wieder aufgeforstet werden. Soweit die Ausführungen der Bahn.

Die erste Reaktion war Erleichterung, denn viele hatten damit gerechnet, dass die Bahn mit einer ebenerdigen Trassenführung als Vorzugsvariante „ins Rennen geht“. Die Mehrkosten für diese Bauweise werden mit 320 – 360 Millionen Euro angegeben. Diese Mehrkosten sind – laut Bahn – mit dem Verkehrsministerium abgestimmt und genehmigungsfähig. Dies wurde begründet mit der großen Betroffenheit, die in unserem Bereich festzustellen ist. Dadurch soll Natur, Lebenswelt von uns und die Ackerfläche geschont werden. Die Begründung zeigt in unseren Augen, dass der Widerstand auch der BILA sehr aufmerksam wahrgenommen wurde. Durch unsere Aktivitäten und die Auftritte auf verschiedenen politischen Ebenen ist das erreicht worden. Auch dadurch konnten unsere Abgeordneten in Berlin Einfluss nehmen und sich stark machen. Darauf dürfen wir stolz sein und auch dankbar für unsere Unterstützer.

Was steht nun an: Erst einmal müssen die Planungsunterlagen, auch die Daten, die der Bewertung zu Grunde liegen, gesichtet und eingeschätzt werden. Bisher kennen wir nur die groben, vergleichenden Beurteilungen.

Fünf Themen bleiben, die Fragen für uns aufwerfen.

Ein Thema ist, wie sieht die Gesamtschädigung durch die Bauphase aus und wie wirkt sie sich nachhaltig aus. Denn für den Bau braucht es schweres Gerät, Lagerflächen, Zufahrtswege, Container für Büros, Bautrupps usw. Das führt zu weit mehr Rodung als die Fläche des Tunnels ausmacht. Da stellt sich die Frage, ob der Wald, zumal in seinem angegriffenen Zustand, wieder aufgeforstet werden kann. Auch die besonderen Schutzgüter dort (Vögel!) werden durch den Bau wohl vertrieben werden.

Ein weiteres Thema ist Grundwasser. Der Spiegel ist abgesunken und wie sich dieses Bauwerk auswirken wird, noch unklar.

Ein weiterer sensibler Punkt ist das Bruch. Als Feuchtgebiet besonders wertvoll, durch die Abbruchkante eine besondere Herausforderung für diese Bauweise. Auch hier ist die Detailplanung in ihrer Auswirkung zu prüfen.

Ein weiterer Punkt ist der Lärmschutz unserer Innenstadt. Die Bahn rechnet mit den sogenannten „leisen Sohlen“ und der Verkehrslenkung. Doch hinter beiden stehen Fragezeichen. Denn die Verkehrslenkung ist als Gesetz noch nicht vorhanden und die leisen Sohlen wirken nur, wenn alle (!) Waggons damit ausgerüstet sind.

Als große Angst haben viele das Szenario im Hinterkopf, dass in absehbarer Zeit deutlich wird, dass die Kapazität der Trassen nicht ausreicht und eine weitere an der Autobahn gebaut werden soll. Das wäre der sog. Worst-Case.

Sicher werden sich bei näherer Betrachtung weitere Fragen ergeben.

Wie geht es weiter: Grundsätzlich ist die Hauptarbeit der BILA getan. Nun sind fachliche Argumente gefragt und Expertisen, die Verbände wie z. B. NABU, BUND oder die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald liefern können. Damit muss die Diskussion über die Vorzugsvariante nun geführt werden. Vielleicht kann damit noch eine „Verbesserung“ erreicht werden.

Grundsätzlich gilt für uns: Unsere Position ist, die Konsenstrasse zu verwirklichen. Das steht nicht in Frage. Dazu ist abzuklären, dass im Kreis weiterhin alle dieses Ziel verfolgen. Dazu sind entsprechende Treffen schon eingeleitet. Ende Januar/Anfang Februar erwarten wir, zum Workshop von der Bahn eingeladen zu werden. Wenn die Region dort mit einer Stimme auftritt, sehe ich Chancen, unser Ziel, doch zumindest deutliche Verbesserungen zu erreichen.

Aber nochmal: Nun sind Verbände, Hessen Forst und die politische Ebene gefragt. Wir sind gerne zur Unterstützung bereit, auch am Schulterschluss der Region mitzuwirken, Positionen zu verstärken und Unterstützungsarbeit zu leisten. Dass das wichtig ist, haben wir gerade erlebt. Doch ab jetzt zählt Fachlichkeit, die Möglichkeit zu klagen und Gegengutachten erstellen zu lassen.