Südhessen Morgen vom 12. Februar 2019

von Matthias Kros

Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim: Bahn legt konkrete Varianten für den Verlauf vor und will bis Jahresende eine Entscheidung

MANNHEIM. Bis Jahresende will die Deutsche Bahn eine von ihr bevorzugte Variante für die geplante Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Mannheim präsentieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was verbirgt sich hinter der Neubaustrecke? Bisher gibt es östlich des Rheins zwei Bahnstrecken zwischen Frankfurt und Mannheim. Zum einen die Riedbahn (über Groß-Gerau und Biblis), die bevorzugt von ICEs genutzt wird. Zum anderen die Main-Neckar-Bahn (durch Darmstadt und entlang der Bergstraße), über die viele Güterzüge rollen. Damit mehr und schnellere Züge fahren können, sind zwei zusätzliche Gleise zwischen Mannheim und Frankfurt geplant. Die Kosten werden auf rund vier Milliarden Euro geschätzt.

Wie soll die Neubaustrecke genutzt werden? Die Neubaustrecke soll die bestehenden ICE-Routen Köln-Frankfurt und Manheim-Stuttgart miteinander verbinden. Aber auch der Güterverkehr braucht zusätzliche Kapazitäten, denn Mannheim liegt inmitten des wichtigen Güterverkehrskorridors zwischen dem Mittelmeer (Genua) und der Nordsee (Rotterdam). Nach jetzigem Stand sollen auf der Neubaustrecke tagsüber Personen- und nachts Güterzüge fahren.

Was bringt die Neubaustrecke aus Sicht der Bahnreisenden? Bislang ist ein ICE zwischen den Hauptbahnhöfen Frankfurt und Mannheim 38 Minuten unterwegs, auf der Neubaustrecke soll sich die Fahrzeit um neun Minuten verkürzen. Geplant sind außerdem 40 zusätzliche ICE-Linien.

Wie ist der aktuelle Stand der Planungen? Der finanzierende Bund hat das Projekt im Bundesverkehrswegeplan 2030 unter dem „vordringlichen Bedarf“ gelistet. Damit kann die Bahn in die Planungen einsteigen. Der Verlauf der neuen Gleise steht bisher allerdings nur sehr grob fest. Sicher ist nach Angaben der Bahn, dass die rund 60 Kilometer lange Strecke im Mannheimer Norden (Waldhof) auf die bestehende Riedbahn münden soll. Erstmals legte die Bahn bei der jüngsten Sitzung des Beteiligungsforums drei Varianten vor, wie die Strecke konkret zwischen Lorsch und Mannheim verlaufen könnte.

Wie unterscheiden sich die vorliegenden Varianten? Variante 1 sieht vor, dass die Trasse entlang der Autobahnen 67 und 6 verläuft. Wegen der vergleichsweise engen Kurven müssten die Züge deutlich abbremsen, zudem liegen nahe der Autobahnen wertvolle Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Variante 2 ist schneller und kürzer als Variante 1, kommt aber Siedlungen in Südhessen recht nahe. Raumordnerisch wurde sie als einzige der drei Varianten noch nicht geprüft. Variante 3 sieht eine durchgehende Bündelung mit der A5 vor, ist aber sonst mit Variante 1 vergleichbar.

Welche Variante bevorzugt die Deutsche Bahn? Die Bahn spricht ausdrücklich von einer ergebnisoffenen Untersuchung nach verkehrlichen, technischen, wirtschaftlichen und umweltfachlichen Kriterien.

Welche Variante bevorzugt die Region? Auch die Region will sich nicht festlegen. „Dafür kennen wir die Vor- und Nachteile der einzelnen Varianten nicht gut genug“, sagte Christoph Trienemeier, Leitender Direktor im Verband Region Rhein-Neckar, gestern.

Wie wird die Region in die Planungen eingebunden? Dazu gibt es das Beteiligungsforum mit Interessenvertretern der betroffenen Regionen, aber auch der Länder, der Wirtschaft und Umweltorganisationen. Das Forum ist allerdings lediglich ein Beratungsgremium mit empfehlendem Charakter. Für den Raum südlich von Mannheim-Waldhof ist die Einrichtung eines weiteren Beteiligungsforums vorgesehen. Hier soll auch über Tunnellösungen oder eine Umfahrung des Mannheimer Stadtgebietes für Güterzüge gesprochen werden. Trienemeier hätte trotzdem lieber ein Beteiligungsforum für das Gesamtprojekt gehabt. „Sonst sehen wir nur, dass alle Züge über die Neubaustrecke nach Mannheim kommen, aber wie es da weitergeht, wissen wir nicht.“

Was sagen Bürgerinitiativen zu den Planungen? Nach jetzigem Stand würden sämtliche Züge, die über die Neubaustrecke fahren, über das Mannheimer Stadtgebiet rollen. Das könnten täglich mehr als 200 sein. Entsprechend groß ist die Sorge in Mannheim, und Bürgerinitiativen kritisieren, dass diese Belastung zu wenig berücksichtigt wird. „Wir sind total unzufrieden“, sagt Gunther Mair von der Bürgerinitiative „Gesundheit statt Bahnlärm in Mannheim“. Das Projekt höre in Mannheims Norden auf und blende alles andere aus. „Lärmschutz spielt bislang noch gar keine Rolle.“ Von einem zweiten Beteiligungsforum für Mannheim hält er deshalb nichts, sondern fordert ein „Projekt aus einem Guss“. Dem schließt sich auch Albert Bühler von der Bürgerinitiative „Neuhermsheim ohne Bahnlärm“ an. „Wir haben sonst die Situation, dass ein Projekt schon beendet wird, noch ehe das andere angefangen ist.“ Die Auswahl der zur Debatte stehenden Varianten spiele für die Auswirkungen auf Mannheim keine Rolle.

Wie geht es in dem Verfahren jetzt weiter? Die nächste Sitzung des Beteiligungsforums ist für April geplant. Hier will die Bahn erklären, mit welcher Methodik sie zu ihrer Vorzugsvariante kommt. Bis Jahresende soll dann die Entscheidung feststehen. Anschließend erfolgt die „parlamentarische Befassung“ mit dem Projekt im Bundestag, der über die Finanzierung zusätzlicher Wünsche zum Beispiel nach Lärmschutz entscheidet. Danach folgt in der Planfeststellung die genaue Trassenführung.

© Südhessen Morgen, Dienstag, 12.02.2019